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21.06.2005, 01:13 Uhr
FrankD
fraction d`amusement
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Frankfurter Rundschau vom 21.06.2005
24 Stunden auf acht Rollen
Am 2. Juli gehen auf der Grand Prix Strecke in Le Mans 6000 Inline-Skater an den Start, darunter 60 Frankfurter / Die FR begleitet die Sportler bis ans Ziel
VON ANNEGRET SCHIRRMACHER
24 Stunden lang mit dem Rennwagen über die Grand Prix Strecke in Le Mans zu heizen, war am Wochenende eine reife Leistung. Wie soll man es aber nennen, wenn das 6000 Freizeit-Sportler aus der ganzen Welt auf Inline-Skates tun? Mordsgaudi? Oder schlichter Wahnsinn? Immerhin sind unter den "Roller-Junkies" 60 Frankfurter. Sie gehen am zweiten Juli in Le Mans an den Start. Die FR heftet sich ihnen an die Fersen - vom Training bis zum Zieleinlauf.
Trainieren für Le Mans? Tempo, Bergfahrten, Langstrecke? Frank Dippel schüttelt den Kopf und grinst. "Wir haben am Wochenende Riverjumpen geübt", erzählt der 1,87-Meter-Hüne. Das heißt, dass eine Handvoll Skater von einer Rampe aus in den Main gesprungen ist. "Eine Riesengaudi", meint Frank (45).
Und sagt damit, dass für ihn der Spaß ebenfalls im Vordergrund stehen wird, wenn er am Samstag, 2. Juli, um 16 Uhr mit 59 weiteren Frankfurter Skatern in Le Mans startet. "Schon das Schaulaufen der Mannschaften durch die Stadt muss man erlebt haben", erzählt Frank, der zum zweiten Mal mitfährt und ansonsten als selbstständiger Schlossermeister arbeitet. "Die Teams kommen im Schottenrock, haben sich in Zelluloid gepackt oder es starten Blinden-Teams mit Skate-Guides." Die Strecke mit einer größeren Steigung sei gut zu schaffen. "Die ersten drei, vier Runden laufen locker. Aber beim sechsten oder siebten Mal geht dir der Berg dann echt auf den Zeiger."
Abfahrt mit 50 Kilometer pro Stunde
Dazu kommt die Abfahrt, die sich im Rennwagen höchstens im geringeren Spritverbrauch niederschlagen dürfte. Die Skater jedoch nehmen dort eine Geschwindigkeit von bis zu 50 Kilometer in der Stunde auf. Ohne schützenden Blechkäfig.
"Alles geben und heil ans Ziel kommen" ist denn auch die Motivation von Nina Mutz. Die 32-jährige Speedskaterin, die schon zahlreiche Marathon-Distanzen gelaufen ist, reizt an Le Mans die Extrembelastung: Schlafmangel, Hitze am Tag, Kälte in der Nacht, der Wechsel von Ruhe und Höchstleistung. Dennoch trainiert die Lufthansa-Verwaltungs-Mitarbeiterin, wie die anderen drei Befragten, nicht eigens für die Strecke. Stellt Nina ihre Ernährung vor dem Rennen um? "Nö", antwortet sie nach kurzem Überlegen. "Ich höre nur am Vorabend nach dem zweiten Bier auf."
Spätestens im Gespräch mit Alexandra Wunderlich (35) kommt aber der Verdacht auf, dass alle Befragten extreme Leistung für den Normalfall halten. 80 bis 100 Skate-Kilometer pro Woche sind für die meisten Renn-Teilnehmer selbstverständlich. Nach 15 Jahren Reitsport hat die IT-Expertin zwei Jahre erst mal "nichts an Sport" gemacht. Nichts hieß bei ihr, "nur" regelmäßig zu joggen und Aerobic zu treiben. Bis sie das Skaten entdeckte und sagt: "Nichts macht so glücklich."
Das Glück hängt für Alexandra vor allem daran, "dass man etwas so Schönes mit so netten Leuten teilt." Die Frankfurter Skater-Szene sei geprägt von unkomplizierten, zuverlässigen und unternehmungslustigen Leuten. "Und wenn man voll berufstätig ist und sich gerne bewegt, kann man Freundschaften fast nur noch so pflegen, dass man gemeinsam etwas unternimmt."
Für Speedskaterin Steffi Keppler (34) ist Glück schließlich, das Wahnsinns-Rennen in Le Mans zum vierten Mal zu fahren. "Es ist echt hart, morgens um zwei mit kalten, nassgeschwitzten Klamotten wieder auf die Bahn zu gehen." Da zieht man schnell mal die falschen Schuhe an. "Am Berg, wenn die kalten Muskeln schmerzen, hörst du dann die Profis heransurren.
Aber wenn dann die Sonne aufgeht, ist alles wieder gut. Das ist wunderschön. Und dann weißt du wieder, wofür du dich so gequält hast."
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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005 Dokument erstellt am 20.06.2005 um 18:52:50 Uhr Erscheinungsdatum 21.06.2005
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